Halbseitige Lähmungen (eine linksseitige Hemiparese) eines Säuglings, die aus einem perinatalen Hirnschaden resultieren, müssen für den behandelnden Kinderarzt im ersten Lebensjahr nicht erkennbar sein. Das hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 11.03.2013 entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des [nbsp]Landgerichts Dortmund bestätigt.
Die im Kreis Unna wohnhaften Eltern ließen den im November 2005 geborenen Kläger im ersten Lebensjahr von der Beklagten, einer niedergelassenen Kinderärztin, behandeln. Die Beklagte führte u.a. die Vorsorgeuntersuchungen U 3, U 4 und U 5 durch, ohne eine Hemiparese zu diagnostizieren. Diese und den die Lähmungen hervorrufenden Hirnschaden wurden erstmals ab Oktober 2006 ärztlich festgestellt. Mit der Behauptung, im Falle einer früheren Diagnose nebst Therapie hätte er besser behandelt werden können und ein geringeres Maß an Behinderungen gehabt, hat der Kläger von der Beklagten Schadensersatz verlangt, u.a. ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von 100.000 € sowie, ab dem 7. Lebensmonat, eine monatliche Schmerzendgeldrente von 300 € und eine monatliche Mehrbedarfsrente von ca. 1.100 €.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach der Anhörung eines medizinischen Sachverständigen hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm keine fehlerhafte Behandlung des Klägers durch die Beklagte feststellen können. Der Kläger habe nicht bewiesen, dass die Symptomatik einer aus einem Hirnschaden resultierenden Hemiparese für die Beklagte erkennbar gewesen bzw. von ihr aufgrund unzureichender Untersuchungsmethoden verkannt worden sei. Bei einem Neugeborenen reife das zentrale Nervensystem langsam über Monate. Erst im Verlauf dieser Entwicklung funktionierten die entsprechenden Nervenbahnen. In diesem Zeitraum könne deswegen auch eine Schädigung des noch unreifen Gehirns ein unspezifisches Erscheinungsbild aufweisen und müsse für den Kinderarzt nicht sichtbar in Erscheinung treten. Bis zu einer Untersuchung des Klägers im Juli 2006 sei die Beklagten von seinen Eltern auch nicht auf motorische Auffälligkeiten hingewiesen worden. Bewiesen sei ebenfalls nicht, dass ein früherer Einsatz der beim Kläger im Oktober 2006 begonnenen Physiotherapie einen verbesserten Zustand des Klägers hätte herbeiführen können.
Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom[nbsp]11.03.2013 (3 U 162/12)
Pressemitteilung des OLG Hamm vom 12.04.2013
Anwaltskanzlei Canestrini Clark – Augsburg, Donauwörth und Göppingen