Arbeitsrecht

Arbeitsrecht: Kündigungsschutz: Leiharbeitnehmer und Größe des Betriebs

Nach § 23 Abs.1 Satz 3 KSchG gilt das Kündigungsschutzgesetz für nach dem 31. Dezember 2003 eingestellte Arbeitnehmer nur in Betrieben, in denen in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden. Bei der Berechnung der Betriebsgröße sind auch im Betrieb beschäftigte Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen, wenn ihr Einsatz auf einem „in der Regel“ vorhandenen Personalbedarf beruht. Dies gebietet eine an Sinn und Zweck orientierte Auslegung der gesetzlichen Bestimmung.

Der Kläger war seit Juli 2007 bei der Beklagten beschäftigt. Diese beschäftigte einschließlich des Klägers zehn eigene Arbeitnehmer. Im November 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien fristgerecht. Mit seiner Kündigungsschutzklage hat der Kläger geltend gemacht, bei der Anzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer seien auch die von der Beklagten eingesetzten Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen, weil das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung finde. Die Revision des Klägers hatte vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Es ist nicht auszuschließen, dass im Betrieb der Beklagten mehr als zehn Arbeitnehmer iSd. §23 Abs.1 Satz 3 KSchG beschäftigt waren. Der Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern steht nicht schon entgegen, dass sie kein Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber begründet haben. Die Herausnahme der Kleinbetriebe aus dem Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes soll der dort häufig engen persönlichen Zusammenarbeit, ihrer zumeist geringen Finanzausstattung und dem Umstand Rechnung tragen, dass der Verwaltungsaufwand, den ein Kündigungsschutzprozess mit sich bringt, die Inhaber kleinerer Betriebe typischerweise stärker belastet. Dies rechtfertigt keine Unterscheidung danach, ob die den Betrieb kennzeichnende regelmäßige Personalstärke auf dem Einsatz eigener oder dem entliehener Arbeitnehmer beruht.
Der Senat hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Es steht noch nicht fest, ob die im Kündigungszeitpunkt im Betrieb tätigen Leiharbeitnehmer aufgrund eines regelmäßigen oder eines für den Betrieb „in der Regel“ nicht kennzeichnenden Geschäftsanfalls beschäftigt waren.
Pressemitteilung des Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.Januar 2013 -2 AZR 140/12-

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 27.Juli 2011 -4 Sa 713/10-

Arbeitsrecht

Arbeitsrecht: Urlaubsabgeltungsanspruch auch für Beamte

Beamte haben nach den Maßgaben der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) einen Anspruch auf Abgeltung des unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubs, den sie krankheitsbedingt bis zum Eintritt in den Ruhestand nicht mehr nehmen konnten. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden und zugleich die Voraussetzungen und Rechtsfolgen dieses Anspruchs konkretisiert.

Der Kläger, ein Polizeibeamter, ist Mitte 2008 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand getreten, nachdem er zuvor ca. ein Jahr lang dienstunfähig erkrankt war. Sein Begehren auf finanzielle Abgeltung des Erholungsurlaubs, des Schwerbehindertenzusatzurlaubs nach § 125 SGB IX und des Arbeitszeitverkürzungstags für die Jahre 2007 und 2008 hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.

Die Revision des Klägers war teilweise erfolgreich. Das Bundesverwaltungsgericht geht im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH von einem unionsrechtlichen Urlaubsabgeltungsanspruch wegen krankheitsbedingt nicht genommenen Erholungsurlaubs aus. Dieser Anspruch ergibt sich aus Art.7 Abs.2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.November2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, der sog. Arbeitszeitrichtlinie. Er ist beschränkt auf den nach Art.7 Abs.1 dieser Richtlinie gewährleisteten Mindesturlaub von vier Wochen pro Jahr, erfasst also weder einen über 20 Tage im Jahr hinaus reichenden Erholungsurlaub noch Arbeitszeitverkürzungstage oder einen Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 125 SGB IX. Soweit ein Beamter diesen Mindesturlaub wegen Krankheit und anschließenden Ausscheidens aus dem aktiven Dienst nicht nehmen kann, hat er einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung, also auf eine finanzielle Vergütung für den nicht genommenen Urlaub.

Allerdings ist der Mindesturlaubsanspruch auch dann erfüllt, wenn der Beamte im fraglichen Jahr zwar seinen ihm für dieses Jahr zustehenden Urlaub nicht hat nehmen können, wohl aber „alten“, nämlich aus dem Vorjahr übertragenen Urlaub. Für das Jahr, in dem der Beamte aus dem aktiven Dienst ausscheidet, stehen ihm der Mindesturlaubsanspruch und der hieran anknüpfende Urlaubsabgeltungsanspruch anteilig für die Zeit bis zum Ausscheiden zu. Urlaubsansprüche aus vorangegangenen Jahren sind nur abzugelten, wenn sie nicht verfallen sind. Ein solcher Verfall tritt jedenfalls 18 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres ein; der Normgeber kann eine kürzere Frist bestimmen, die aber nach der Rechtsprechung des EuGH deutlich länger sein muss als das Urlaubsjahr. Die Höhe der Abgeltung bemisst sich nach dem Durchschnitt der Besoldung der letzten drei Monate vor Eintritt in den Ruhestand, umgerechnet auf die Zahl der nicht genommenen Urlaubstage. Der unionsrechtliche Urlaubsabgeltungsanspruch unterliegt keinem Antragserfordernis und verjährt in der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren, beginnend mit dem Ende des Jahres, in dem der Beamte in den Ruhestand tritt.

BVerwG 2 C 10.12- Urteil vom 31. Januar 2013

Vorinstanzen:
OVG Koblenz 2 A 11321/09 – Urteil vom 30. März 2010
VG Koblenz 6 K 1253/08.KO – Urteil vom 21. Juli 2009

Pressmitteilung des BVerwG vom 31.01.2013

Arbeitsrecht

Arbeitsrecht: Altersbedingte Diskriminierung eines Stellenbewerbers

Sucht ein öffentlicher Arbeitgeber in einer an „Berufsanfänger“ gerichteten Stellenanzeige für ein Traineeprogramm „Hochschulabsolventen/Young Professionells“ und lehnt er einen 36jährigen Bewerber mit Berufserfahrung bei einer Rechtschutzversicherung und als Rechtsanwalt ab, so ist dies ein Indiz für eine Benachteiligung dieses Bewerbers wegen seines Alters. Der Arbeitgeber trägt dann die Beweislast dafür, dass ein solcher Verstoß nicht vorgelegen hat. Er darf sich darauf berufen, dass der Bewerber aufgrund seiner im Vergleich zu den Mitbewerbern schlechteren Examensnoten nicht in die eigentliche Bewerberauswahl einbezogen worden ist.

Die Beklagte -eine öffentlich-rechtliche Krankenhausträgerin- hatte Zeitungsinserate aufgegeben, in denen es ua. heißt: „Die C. hat in den kommenden Jahren einen relevanten Bedarf an Nachwuchsführungskräften. Um diesen abzudecken, gibt es ein spezielles Programm für Hochschulabsolventen/Young Professionells: Traineeprogramm an der C. Dabei sollen jährlich zunächst zwei Hochschulabsolventen rekrutiert und dem Programm „C“ zugeführt werden. Da es sich per definitionem um Berufsanfänger handelt, stehen neben den erworbenen Fähigkeiten vor allem die persönlichen Eigenschaften im Mittelpunkt.“

Der damals 36jährige Kläger, ein Volljurist mit mehrjähriger Berufserfahrung, erhielt auf seine Bewerbung eine Absage. Dies sah er als eine Benachteiligung wegen seines Alters an und verlangte von der Beklagten eine Entschädigung. Die Beklagte bestritt eine solche Diskriminierung und machte geltend, sie habe eine Auswahl nach den Examensnoten getroffen und nur diejenigen Bewerber in Betracht gezogen, die Examensnoten von gut oder sehr gut aufgewiesen hätten. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
Die Revision des Klägers hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts teilweise Erfolg. Die Stellenausschreibung, die sich an Hochschulabsolventen/Young Professionells und an Berufsanfänger richtet, begründet ein Indiz für eine Benachteiligung des abgelehnten Klägers wegen dessen Alters. Dieses Indiz könnte die Beklagte widerlegen, wenn sie nur die Bewerber mit den besten Examensnoten in die Bewerberauswahl einbezogen hätte, weil sie als öffentliche Arbeitgeberin gemäß Art.33 Abs. 2 GG Stellen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der Bewerber zu besetzen hatte. Da der Kläger eine solche Bewerberauswahl durch die Beklagte bestritten hatte, war die Sache zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.
[nbsp]

Pressemitteilung des Bundesarbeitsgericht: Urteil vom 24. Januar 2013 – 8 AZR 429/11 –

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.[nbsp]Januar 2011 – 9 Sa 1771/10 –

Arbeitsrecht

Arbeitsrecht: Sturz vom Apfelbaum auf „Stückle“ der pflegebedürftigen Mutter ist als Arbeitsunfall anzuerkennen

Der 59jährige Kläger bewirtschaftete für seine im Pflegeheim wohnende Mutter deren Streuobstwiesen (rund 60 Ar). Er erledigte sämtliche anfallende Arbeiten wie z.B. Mähen und Ernten. Die von ihm gepflückten Äpfel verwertete er zu Saft für den Eigenbedarf. Im Oktober 2009 stürzte er beim Äpfelpflücken vom Baum und brach sich sein rechtes Fersenbein. Anschließend war er rund 8 Monate arbeitsunfähig. Der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (LBG) meldete er den Arbeitsunfall erst im Juli 2010, nachdem sich dauerhafte Unfallfolgen abgezeichnet hatten (noch heute leidet er unter Schmerzen beim Gehen).

Die LBG lehnte die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab: Weder sei der Kläger als Unternehmer eines landwirtschaftlichen Betriebes versichert gewesen. Insoweit komme es maßgeblich darauf an, dassGrundstückseigentümer nicht er, sondern seine Mutter sei. Noch habe er im landwirtschaftlichen Unternehmen seiner Mutter als Familienangehöriger mitgearbeitet. Denn er habe die Äpfel für sich selbst verwertet.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg: Das Sozialgericht Heilbronn hat (wie nunmehr feststeht:[nbsp]rechtskräftig) die LBG verpflichtet, den Sturz vom Apfelbaum als Arbeitsunfall anzuerkennen.[nbsp]Der Kläger sei als Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens beim Äpfelpflücken gesetzlich unfallversichert gewesen. Unternehmer zum Unfallzeitpunkt sei hier nicht die Mutter als Grundstückseigentümerin, sondern deren Sohn gewesen. Zwar habe die Mutter die Beiträge zur LBG entrichtet. Jedoch habe ihr Sohn das unternehmerische Risiko getragen, weil er die Grundstücke bewirtschaftet und die Apfelernte für sich selbst verwendet habe. Bei den bewirtschafteten Streuobstwiesen von rund 60 Ar handle es sich auch um keinen Kleingarten (ein solcher werde nicht automatisch von der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst), sondern um einen landwirtschaftlichen Betrieb. Unerheblich sei darüber hinaus, dass der Kläger der LBG den Arbeitsunfall erst ein Dreivierteljahr nach dem Sturz angezeigt habe – also (erst) zu einem Zeitpunkt, als er die dauerhaften gesundheitlichen Folgen erkannt habe und ihm der mit der Anzeige eines Arbeitsunfalls einhergehende „Bürokratieaufwand“ lohnenswert erschienen sei.

Az.: S 6 U 3875/11X. ./. Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft (Urteil vom 31. Oktober 2012, rechtskräftig).

[nbsp]

Hinweis zur Rechtslage:

§ 8 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch[nbsp][SGB VII] :

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2 (…) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. (…).

§ 2[nbsp]SGB VII:

(1) Kraft Gesetzes sind versichert (…) 5. Personen, die (…)

a) Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,

b) im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind, (…).

§123[nbsp]SGB VII:

(2) Landwirtschaftliche Unternehmen (…) sind nicht

1. Haus- und Ziergärten,

2. andere Kleingärten im Sinne des Bundeskleingartengesetzes (…)

§136[nbsp]SGB VII:

(3) Unternehmer ist

1. derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht, (…).

Die Anerkennung als Arbeitsunfall hat weitreichende Folgen:

So hat die zuständige Berufsgenossenschaft dem Betroffenen unter bestimmten Voraussetzungen u.a. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (z.B. eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme oder eine Umschulung) zu erbringen, Verletzten-/Übergangsgeld oder eine Verletztenrente zu zahlen.

Pressemitteilung des Sozialgerichtes Heilbronn vom 14.01.2013

Arbeitsrecht

Arbeitsrecht: Seitensprungagentur versagt

Die Stadtverwaltung Ludwigshafen hat gegenüber einem Bürger zu Recht eine Gewerbeuntersagung in Bezug auf die von ihm betriebene Seitensprungagentur ausgesprochen. Das hat das Verwaltungsgericht Neustadt mit Beschluss vom 21. Dezember 2012 entschieden.

Der Antragsteller betrieb seit Sommer 2012 in Ludwigshafen eine sog. Seitensprungagentur nebst Partnervermittlung. Dazu inserierte er u.a. in der Tageszeitung „Die Rheinpfalz“ mit Texten wie[nbsp][nbsp]„Neu 1. Seitensprungagentur diskret, seriös, erfolgreich, Superkontakte zu sexy Frauen“. Den Anrufern übergab der Antragsteller gegen Entgelt eine Liste mit den Telefonnummern von angeblich an Seitensprüngen oder einer näheren Beziehung interessierten Frauen. In der Folgezeit beschwerte sich eine Frau über zunehmende Belästigungen von Männern am Telefon; sie habe dem Antragsteller ihre Daten nicht zur Verfügung gestellt. Daraufhin traf sich ein Mitarbeiter der[nbsp]Stadt Ludwigshafen als vermeintlicher Interessent mit dem Antragsteller.Dieser bot dem Mitarbeiter gegen eine Gebühr von 150 € für die ersten 6 Monate und eine Folgegebühr von 75 € für das zweite Halbjahr an, regelmäßig „willige“ Frauen von 18 – 70 Jahren zu vermitteln. Der Antragsteller[nbsp][nbsp]übergab dem Mitarbeiter Unterlagen mit sog. „unverbindlichen Kontaktvorschlägen“, in denen u.a. Name, Herkunftsland, Haarfarbe, Figur, Oberweite, Beziehungsabsicht (locker oder fest, Wochenendbeziehung), finanzielle Forderungen sowie die jeweilige Telefonnummer der Damen aufgeführt waren. Nachdem sich der Mitarbeiter der Stadt Ludwigshafen als solcher zu erkennen gegeben hatte, räumte der Antragsteller ein, nicht im Besitz einer Gewerbeanmeldung zu sein.

Die Stadt Ludwigshafen holte in der Folgezeit Auskünfte über den Antragsteller aus dem Bundeszentralregister ein. Danach war dieser[nbsp]im Zeitraum 1997 – 2011 in 13 Fällen zu Geld- und Freiheitsstrafen verurteilt worden. Daraufhin untersagte die[nbsp]Stadt Ludwigshafen dem Antragsteller wegen[nbsp]gewerberechtlicher Unzuverlässigkeit[nbsp]die Ausübung der Seitensprungagentur und ordnete die sofortige Vollziehung an.

Der Antragsteller legte dagegen Widerspruch ein und suchte um vorläufigen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht Neustadt mit der Begründung nach, die Verurteilungen in der Vergangenheit stünden nicht im Zusammenhang mit der von ihm betriebenen Seitensprungagentur und erlaubten keine negativen Rückschlüsse auf seine gewerberechtliche Zuverlässigkeit. Im Übrigen sei die von der Stadt Ludwigshafen angeführte Begründung, er gebe Telefonnummern ahnungsloser Frauen an seitensprungwillige Männer heraus, eine haltlose Behauptung.

Die Richter der 4. Kammer lehnten den Antrag des Antragstellers ab. Zur Begründung führten sie aus: Das[nbsp]bisherige Verhalten des Antragstellers lasse nicht erwarten, dass er sein Gewerbe in Zukunft im Einklang mit der Rechtsordnung betreiben werde.[nbsp]Mit der Seitensprungagentur betreibe er ein nach der Gewerbeordnung besonders überwachungsbedürftiges Gewerbe („Vermittlung von Eheschließungen, Partnerschaften und Bekanntschaften“).[nbsp]Die gewerbepolizeiliche Überwachung der davon erfassten Gewerbetreibenden habe vor allem den Schutz der Kunden zum Ziel. Daneben bestehe auch ein kriminalpräventiver Grund. Denn regelmäßig werde der Kunde langfristig an die Vermittlungsagentur gebunden und habe nicht unerhebliche Vorauszahlungen zu leisten. Dem stehe häufig eine nicht adäquate Dienstleistung gegenüber. Auch könnten die anfallenden Informationen aus der höchstpersönlichen Sphäre des Kunden missbräuchlich verwandt werden. Der Antragsteller sei in der Vergangenheit mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Im Bundeszentralregister fänden sich 13 Einträge. Zwar hätten die meisten Straftaten keinen Gewerbebezug. In ihrer Häufigkeit zeigten diese aber, dass der Antragsteller dazu neige, in strafbewehrter Weise die Rechtsordnung zu verletzen. Die dadurch sich aufdrängende Prognose eines künftig rechtswidrigen Verhaltens bei Ausübung des Gewerbes werde auch durch das bisherige gewerbliche Verhalten des Antragstellers bestätigt. So habe er sich nicht an die gesetzlichen Vorschriften gehalten und den Gewerbebetrieb erst angemeldet, nachdem er von Seiten der Stadt Ludwigshafen dazu aufgefordert worden sei. Aus den Akten ergebe sich ferner, dass der Antragsteller Telefonnummern von Damen an potentielle Kunden weitergegeben habe, die ihm diese nicht zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt hätten. Trotz seiner Ende November 2012 erfolgten Abmeldung führe der Antragsteller seinen Gewerbebetrieb tatsächlich weiter, denn am 12. Dezember 2012 habe sich eine Frau erneut bei der Stadt Ludwigshafen mit der Aussage gemeldet, dass sich der Antragsteller am Vortag wieder bei ihr gemeldet und nachgefragt habe, ob sie nicht bereit wäre, bei seiner Partnervermittlung auf 400 Euro-Basis als zu vermittelnde Dame an Herren, welche auf Partnersuche wären, arbeiten zu wollen.

Danach lasse der Gesamteindruck des bisherigen Verhaltens des Antragstellersallein den Schluss zu,[nbsp]dass bei ihm ein ausgeprägter Hang zur Missachtung der Rechtsordnung bestehe, der die Zuverlässigkeit für eine selbständige gewerbliche Betätigung in einem besondersüberwachungsbedürftigen Gewerbe[nbsp]ausschließe. Zur Vermeidung weiterer erheblicher Rechtsverstöße im Zusammenhang mit der Ausübung des konkreten Gewerbebetriebes sei es daher geboten, dem Antragsteller das Gewerbe zu untersagen.

Gegen die Entscheidung steht den Beteiligten die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zu.

Verwaltungsgericht Neustadt, Beschluss vom 21. Dezember 2012

– 4 L 1021/12.NW –

Pressemitteilung des VG Neustadt vom 03.01.2013

Arbeitsrecht

Arbeitsrecht: Weiterhin keine Registereintragung für einen Verein, der für sexuelle Handlungen zwischen Mensch und Tier wirbt

Trotz mehrfacher Änderungen des Satzungsentwurfs erfolglos war die neuerliche Registeranmeldung eines Vereins, der als unter anderem als Vereinszweck anstrebt, in der Öffentlichkeit für körperliche Liebe eines Menschen zu einem Tier und für entsprechende sexuelle Handlungen um Verständnis zu werben.

Erneut wies das Amtsgericht Charlottenburg als Registergericht die Anmeldung zurück. Die Beschwerde dagegen war vor dem Kammergericht erfolglos. Der 12. Zivilsenat sah – wie zuvor das Amtsgericht – den beabsichtigten Vereinszweck als sittenwidrig an. In der Begründung heißt es u.a.: „Mit seinem Zweck verstößt der Beteiligte gegen die von der Bevölkerung allgemein anerkannte, in der (auch heutigen) Rechts- und Sozialmoral fest verankerten und mit der Rechtsordnung übereinstimmenden Sittenordnung (vgl. § 184 a StGB), welche sexuelle Handlungen des Menschen an oder mit Tieren ablehnt und als unanständig verurteilt“.

Kammergericht, Beschluss vom 3. Dezember 2012
– 12 W 69/12 –
Amtsgericht Charlottenburg, Beschluss vom 5. Juni 2012
– 95 AR 360/12 B –

Pressemitteilung des KG Berlin vom 28.12.2012

Arbeitsrecht

Arbeitsrecht: Keine Frage an einen Stellenbewerber nach eingestellten Ermittlungsverfahren

Der Arbeitgeber darf den Stellenbewerber grundsätzlich nicht nach eingestellten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren fragen. Eine solche unspezifizierte Frage verstößt gegen Datenschutzrecht und die Wertentscheidungen des § 53 Bundeszentralregistergesetz[nbsp](BZRG). Stellt der Arbeitgeber die Frage dennoch und verneint der Bewerber in Wahrnehmung seines informationellen Selbstbestimmungsrechts wahrheitswidrig, dass gegen ihn Ermittlungsverfahren anhängig waren, darf der Arbeitgeber das zwischenzeitlich begründete Arbeitsverhältnis nicht wegen dieser wahrheitswidrig erteilten Auskunft kündigen.

Der 1961 geborene Kläger bewarb sich als sog. Seiteneinsteiger im Sommer 2009 als Lehrer an einer Hauptschule in Nordrhein-Westfalen. Vor seiner Einstellung wurde er aufgefordert, auf einem Vordruck zu erklären, ob er vorbestraft sei, und zu versichern, dass gegen ihn kein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft anhängig sei oder innerhalb der letzten drei Jahre anhängig gewesen sei. Der Kläger unterzeichnete den Vordruck, ohne Angaben zu etwaigen Ermittlungsverfahren zu machen. Er wurde zum 15. September 2009 eingestellt. Im Oktober 2009 erhielt die zuständige Bezirksregierung einen anonymen Hinweis, der sie veranlasste, die Staatsanwaltschaft um Mitteilung strafrechtsrelevanter Vorfälle zu bitten. Die daraufhin übersandte Vorgangsliste wies mehrere nach §§ 153 ff. StPO eingestellte Ermittlungsverfahren aus. Das beklagte Land kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich, weil der Kläger die Frage nach Ermittlungsverfahren unrichtig beantwortet habe. Der Kläger hält die Kündigung für unwirksam. Bereits eingestellte Ermittlungsverfahren habe er nicht angeben müssen.

Das Arbeitsgericht hat die außerordentliche Kündigung, das Landesarbeitsgericht auch die ordentliche Kündigung als unwirksam angesehen. Die hiergegen eingelegte Revision des beklagten Landes blieb vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts ohne Erfolg. Eine Erhebung von Daten, wie sie die unspezifizierte Frage nach Ermittlungsverfahren darstellt, ist nach den datenschutzrechtlichen Bestimmungen in Nordrhein-Westfalen nur zulässig, wenn sie durch eine Rechtsvorschrift erlaubt ist oder der Betroffene einwilligt. Solche Informationen zu abgeschlossenen Ermittlungsverfahren sind für die Bewerbung um eine Stelle als Lehrer nicht erforderlich und damit nicht durch § 29 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen gestattet. Die allein auf die wahrheitswidrige Beantwortung der Frage nach Ermittlungsverfahren gestützte Kündigung verstieß deshalb gegen die objektive Wertordnung des Grundgesetzes, wie sie im Recht auf informationelle Selbstbestimmung, bei dem es sich um eine Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 GG) handelt, zum Ausdruck kommt. Sie war deshalb gemäß § 138 Abs. 1 BGB unwirksam.

Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts, Urteil vom 15. November 2012 – 6 AZR 339/11 –

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 10. März 2011 – 11 Sa 2266/10 –

Banken- und Kapitalmarktrecht

Bankenrecht: Keine Widerruflichkeit des Erwerbs von „Lehman-Zertifikaten“ im Fernabsatz

Der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat hat heute in zwei Fällen entschieden, dass Anleger, die insbesondere „Lehman-Zertifikate“ per Telefon oder E-Mail erworben haben, ihre auf Abschluss der Erwerbsverträge mit der Bank gerichtete Willenserklärung nicht nach den Regeln über den Fernabsatz widerrufen können.

In beiden Fällen erwarben die Anleger von derselben beklagten Bank – in der Sache XI ZR 439/11 zusammen mit weiteren Finanzprodukten anderer Emittenten – jeweils „Global Champion“-Zertifikate. Hierbei handelt es sich um Inhaberschuldverschreibungen der niederländischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung von der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert wurde.

In der Sache XI ZR 384/11 erteilten die Klägerin und ihr Ehemann aufgrund eines mit einem Mitarbeiter der Beklagten geführten Beratungsgesprächs am 8. Februar 2007 den Auftrag zum Kauf von 16 Zertifikaten, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob das Verkaufsgespräch ganz oder teilweise telefonisch erfolgte. Das Geschäft wurde von der Beklagten im Eigenhandel zu einem Festpreis ausgeführt. Nach der Insolvenz der Emittentin und der Garantin wurden die Zertifikate weitgehend wertlos. Im Februar 2010 erklärten die Eheleute den Widerruf aller von ihnen im Zusammenhang mit dem Kauf abgegebenen Erklärungen. Mit der in beiden Vorinstanzen erfolglosen Klage verlangt die Klägerin aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes im Wesentlichen die Rückzahlung des Anlagebetrages von 16.069,60 € nebst Zinsen abzüglich einer Bonuszahlung.

In der Sache XI ZR 439/11 erwarb der Ehemann der Klägerin auf Empfehlung von Mitarbeitern der beklagten Bank teilweise aufgrund von Telefonaten und teilweise per E-Mail verschiedene Zertifikate – darunter auch „Global Champion“-Zertifikate – sowie Anteile eines u.a. in Zertifikate investierenden Fonds. Im Juli 2011 widerrief der Zedent sämtliche Vertragserklärungen gegenüber der beklagten Bank. Mit der ebenfalls in beiden Vorinstanzen erfolglosen Klage begehrt die Klägerin aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes zuletzt noch die Rückerstattung verlorener Anlagebeträge in Höhe von 72.394,37 €.

Der XI. Zivilsenat hat die von den Berufungsgerichten zugelassenen Revisionen der Klägerinnen zurückgewiesen. Dabei waren im Wesentlichen folgende Überlegungen für seine Entscheidung maßgeblich:

Nach § 312d Abs.4 Nr.6 BGB kann eine auf Abschluss eines Fernabsatzvertrages gerichtete Willenserklärung dann nicht widerrufen werden, wenn Gegenstand des Vertrages die Verschaffung von Finanzdienstleistungen ist, deren „Preis“ innerhalb der Widerrufsfrist – dem Einfluss des Unternehmers, hier der Bank, entzogenen – Schwankungen auf dem Finanzmarkt unterliegt. Dabei ist der Begriff des Preises nach der Systematik und der Gesetzgebungsgeschichte weit zu verstehen. „Preis“ ist nicht nur ein Börsen- oder Marktpreis, der für das Produkt selbst auf dem Finanzmarkt gezahlt wird. „Preis“ im Sinne des § 312d Abs.4 Nr.6 BGB können vielmehr auch die Parameter sein, von denen der Wert des Finanzprodukts abhängt.

So sollten etwa Bonuszahlungen und die Rückzahlung der „Lehman-Zertifikate“ in Abhängigkeit von der Entwicklung dreier Aktienindizes (Dow Jones EuroSTOXX 50, Standard [&] Poor´s 500 sowie Nikkei 225) während dreier aufeinander folgender Beobachtungszeiträume ab dem 7.Februar 2007 erfolgen. Entsprechend hing der innere Wert der Zertifikate mit Beginn der Beobachtungszeiträume von Parametern („Basiswerten“ oder „Underlyings“), nämlich der Entwicklung der drei Aktienindizes, ab, die von der beklagten Bank nicht beeinflussbaren Schwankungen auf den Finanzmärkten unterworfen waren.

Der Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 312d Abs.4 Nr.6 BGB bei dem Erwerb solcher Papiere soll das Risiko eines wenigstens mittelbar finanzmarktbezogen spekulativen Geschäfts mit seinem Abschluss in gleicher Weise auf beide Parteien verteilen. Der Anleger, der wie in den entschiedenen Fällen zugleich Verbraucher ist, soll einen drohenden Verlust aufgrund fallender Basiswerte innerhalb der Widerrufsfrist nicht durch Ausübung des Widerrufsrechts auf den Unternehmer abwälzen können.

Weil ein Widerrufsrecht schon nach § 312d Abs. 4 Nr.6 BGB nicht in Betracht kam, konnte das Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen eines Fernabsatzvertrages dahinstehen.

Urteil vom 27. November 2012 – XI ZR 384/11

LG Mönchengladbach – Urteil vom 1. Juni 2010 – 3 O 328/09

OLG Düsseldorf – Urteil vom 22. Juli 2011 – I-17 U 117/10

ZIP 2012, 419 ff.

und

Urteil vom 27. November 2012 – XI ZR 439/11

LG Mannheim – Urteil vom 7. April 2010 – 8 O 282/09

OLG Karlsruhe – Urteil vom 13. September 2011 – 17 U 104/10

WM 2012, 213 ff.

Karlsruhe, den 27. November 2012

* § 312b BGB (Auszug)

Fernabsatzverträge

(1) Fernabsatzverträge sind Verträge über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt. Finanzdienstleistungen im Sinne des Satzes 1 sind Bankdienstleistungen sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung, Versicherung, Altersversorgung von Einzelpersonen, Geldanlage oder Zahlung.

(2) …

** § 312d BGB (Auszug)

Widerrufs- und Rückgaberecht bei Fernabsatzverträgen

(1) Dem Verbraucher steht bei einem Fernabsatzvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu. Anstelle des Widerrufsrechts kann dem Verbraucher bei Verträgen über die Lieferung von Waren ein Rückgaberecht nach § 356 eingeräumt werden.

(2) …

(4) Das Widerrufsrecht besteht, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nicht bei Fernabsatzverträgen

1. …

6. die die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Finanzdienstleistungen zum Gegenstand haben, deren Preis auf dem Finanzmarkt Schwankungen unterliegt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können, insbesondere Dienstleistungen im Zusammenhang mit Aktien, Anteilsscheinen, die von einer Kapitalanlagegesellschaft oder einer ausländischen Investmentgesellschaft ausgegeben werden, und anderen handelbaren Wertpapieren, Devisen, Derivaten oder Geldmarktinstrumenten oder

7.…“

Pressemitteilung des BGH vom 28.11.2012

Arbeitsrecht

Arbeitsrecht: Anzeige gegen Arbeitgeber – ein Kündigungsgrund?

Mit einem jetzt veröffentlichten Urteil hat das Landesarbeitsgericht Köln die fristlose Kündigung einer Hauswirtschafterin für wirksam erklärt, die mit der Betreuung von zwei Kindern im Alter von zehn Monaten und zwei Jahren beschäftigt war und die Eltern der Kinder beim Jugendamt angezeigt hatte.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte unterfallen Anzeigen eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber gesetzlich dem Recht auf freie Meinungsäußerung nach Art. 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Allerdings hat ein Arbeitnehmer grundsätzlich auch den Ruf des Arbeitgebers zu schützen. Zwischen diesen Rechten und Pflichten ist eine Abwägung vorzunehmen, wenn es um die Frage geht, ob ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer kündigen darf, der ihn anzeigt. Wesentlich ist dabei nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte unter anderem, ob der Arbeitnehmer die Offenlegung in gutem Glauben und in der Überzeugung vorgenommen hat, dass die Information wahr sei, dass sie im öffentlichen Interesse liege und dass keine anderen, diskreteren Mittel existierten, um gegen den angeprangerten Missstand vorzugehen (EGMR vom 21.07.2011 – 28274/08 -).
Nach diesen Grundsätzen wies das Landesarbeitsgericht die Klage der Hauswirtschafterin gegen die fristlose Kündigung ab. Die fristlose Kündigung war ausgesprochen worden, nachdem die Eheleute der Hauswirtschafterin zuvor schon in der Probezeit fristgemäß gekündigt hatten. Die Hauswirtschafterin hatte sich danach an das Jugendamt gewandt und über Verwahrlosung und dadurch hervorgerufene körperliche Schäden der zehn Mo-nate alten Tochter berichtet. Ein kinderärztliches Attest wies dagegen aus, dass die Toch-ter einen altersgemäß unauffälligen Untersuchungsbefund habe. Zeichen von Verwahrlo-sung lägen nicht vor.

Das Landesarbeitsgericht sah in der Anzeige eine unverhältnismäßige Reaktion auf die zuvor ausgesprochene ordentliche Kündigung. Selbst dann, wenn die Vorwürfe als richtig unterstellt würden, habe die Hauswirtschafterin unter Beachtung ihrer Loyalitätspflichten zunächst eine interne Klärung mit dem Ehepaar versuchen müssen. Erst nach Scheitern eines solchen Versuches habe eine Behörde eingeschaltet werden dürfen. Ob die Behauptungen der Hauswirtschafterin zutreffend seien, hat das Landesarbeitsgericht dahinstehen lassen.

Pressemitteilung des LAG vom 21.11.2012

Erbrecht

Erbrecht: Erneute Ausstrahlung einer Sendung der TV-Serie Frauentausch wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung verboten

Dem ist das Landgericht gefolgt. Die Klägerin habe zwar vor Produktion der Sendung eine Einwilligungserklärung gegenüber der Produktionsfirma abgegeben. Darin sei von einer „TV-Dokumentations-Serie“ die Rede gewesen, die vorrangig einen Dokumentationscharakter haben solle. Tatsächlich seien die Aufnahmen dann so nachbearbeitet worden, dass die Klägerin gezielt lächerlich gemacht worden sei.

Sie sei als überforderte und geistig verwirrte, bei ihren Kindern unbeliebte Mutter der praktisch veranlagten, sympathischen und ordentlichen Tauschmutter gegenüber gestellt worden. Mit derartigen nachträglichen Bearbeitungen zum ausschließlichen Zweck der Verspottung habe sie nicht rechnen müssen.

Die Missachtung des Persönlichkeitsrechts sei allerdings nicht so schwerwiegend, dass eine finanzielle Entschädigung geboten sei, beschied die Zivilkammer 27 die Klägerin und wies die Klage insoweit ab. Die Klägerin hatte Zahlung von mindestens 15.000,- EUR verlangt.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Landgericht Berlin, Urteil vom 26. Juli 2012 – 27 O 14/12 –

Quelle: Pressemitteilung des LG Berlin v. 16.08.2012

Autor: RA Marc-Torsten Canestrini
Veröffentlicht: 20.08.2012
Veröffentlich in: Pressemitteilung des LG Berlin v. 16.08.2012